Warum „Wende“ und nicht einfach Wende?
Was ist eine Wende – ich meine, von der eigentlichen und losgelösten Bedeutung des Wortes her? Es ist eine Umkehr, ein Verlassen der früheren Richtung und das Sich-Wenden um 180 Grad. Also genau genommen ein „Rückwärts“. Was meint dann „Wende“ in Bezug auf die politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland von 1989/90? Eine friedliche Revolution war das, was damals geschah, ohne Zweifel. Das durch das Regime unterdrückte Volk in Mitte und Osten Deutschlands erhob sich, begehrte auf und verlangte Änderungen. Einige wollten das herrschende System verbessern, andere wollten es stürzen und sich „dem Westen“ anschließen. Schließlich unterwarf sich die DDR dem Grundgesetz der BRD und wurde somit zum „Beitrittsgebiet“.
Was daran ist nun eine Wende? Was hieße denn wirklich, sich zurückzuwenden und an die Vergangenheit anzuknüpfen? Zurück zum Faschismus? Zum Nationalsozialismus? Oder in die leider nicht geglückte Republik mit der Verfassung von Weimar? Oder gar ins Kaiserreich? Weil alle diese Ziele (zumindest für die Mehrzahl der Deutschen, die vernünftigen und demokratischen Menschen) nicht in Frage kamen, halte ich den Begriff der „Wende“ für falsch. Leider hat er sich inzwischen so eingebürgert, daß er kaum noch auszumerzen sein wird. Und wodurch sollte man „Wende“ ersetzen? Ich schlage vor: „vor/nach der Revolution von 1989/90“.
Auch für mich persönlich gab es ein Leben vor und nach der Revolution. Ich wechselte die Seiten, floh aus der DDR, ging in die BRD, als es beide noch gab. Zwischendurch war ich für kurze Zeit staatenlos. Vor der Revolution hatte ich für Zeitungen geschrieben, und danach tat ich es wieder (allerdings viel später – erst nach der Jahrtausendwende). Von diesen späteren Veröffentlichungen zeige ich die erste hier.